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  10.02.2015
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  • Die Gewaltschutzambulanz in Berlin – Vortrag von Dr. Saskia Etzold
Am 10. Februar durften wir die Rechtsmedizinerin Dr. Saskia Etzold in unserem Club begrüßen. Frau Etzold ist Pathologin, Mitgründerin der Gewaltschutzamublanz in Berlin und Mitautorin des Buches "Deutschland misshandelt seine Kinder". Mit diesem Buch weisen die Verfasser die Öffentlichkeit auf unerträgliche Missstände hin: Pro Woche sterben in Deutschland drei Kinder an den Folgen ihrer Misshandlungen durch Gewaltanwendung. Als Reaktion auf diese erschreckenden Zahlen wurde im Februar 2014 eine für Berlin bisher einmalige Gewaltschutzambulanz eingerichtet, die sich unabhängig von Geschlecht und Alter als kompetente Anlaufstelle versteht: www.gewaltschutz-ambulanz.charite.de

Saskia Etzold stellte in ihrem Vortrag die Arbeit der Gewaltschutzambulanz an der Charité vor. In Hamburg (von dort kam Saskia Etzold 2006) gibt es seit vielen Jahren eine ähnliche Einrichtung. In Berlin war dies Neuland. Als Pathologin ist sie für die Dokumentation von Gewaltverletzungen prädestiniert, vor allem bei Kindern: "Kinder und Leichen können nicht darüber Auskunft geben, was passiert ist." In der medizinischen, der polizeilichen oder der sozialpädagogischen Ausbildung kommt das Thema "Gewaltverletzungen" nicht vor. Die Gewaltschutzambulanz hat ihre Schwerpunkte in der Dokumentation der Verletzungen, der Beratung, der Untersuchung und Unterstützung der Opfer und vor allen Dingen in der Fortbildung z.B. von Polizisten und Lehrern. Saskia Etzold beschrieb ausführlich, wie die GSA mit Opfern, die von verschiedenen Stellen (Jugendamt, Polizei, Krankenhäusern, Notdienst) geschickt werden, umgeht. Wichtig sei ein sensibler und vertrauensvoller Umgang. Das Opfer bestimmt nach der Untersuchung selbst, ob eine Anzeige erstattet wird, ob es weiterhin Hilfe in Anspruch nehmen wird etc. Die Selbstbestimmung ist oberstes Gebot. Noch nach vielen Wochen der Misshandlung kann aufgrund der erstellten Dokumentation Anzeige erstattet werden. Im ersten Jahr der GSA haben 372 Personen Kontakt aufgenommen, 171 wurden vorstellig, davon 37% Kinder. 88% der Ratsuchenden und Misshandelten sind Frauen.

Saskia Etzold kämpft für eine zentrale und bundesweite Meldestelle für Gewalttäter. Zudem müssten Ärzte verpflichtet werden, bei Verdacht auf Gewalteinfluss, vor allem bei minderjährigen Patienten, dieses dem Jugendamt zu melden. Ärzte sind dazu bisher aber nicht verpflichtet.

Im Anschluss an den Vortrag führten wir eine engagierte Diskussion. Wir bewunderten die Referentin für ihr Engagement und ihr Durchhaltevermögen in dieser extrem belastenden Arbeit und bedankten uns sehr für den eindrücklichen und informativen Vortrag!