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  10.09.2012
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  • Wider den Klischees in der Alten- und Pflegepolitik!
Elisabeth Scharfenberg, Bundestagsabgeordnete und Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion für Pflege- und Altenpolitik, mag keine Klischees. Deshalb räumte sie bei ihrem Besuch in unserem Club am 10. September gleich zu Beginn des Abends damit auf: Die Idee von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, 32.000 nun arbeitslose Schlecker-Frauen zu Pflegekräften auszubilden, verdeutliche eine Reihe von gängigen Denkmustern, z.B. "dass Frauen quasi von Natur aus pflegen könnten" oder dass "schlecht Vermittelbare" einfach in Pflege und Erziehung einsetzbar seien. Scharfenbergs Quintessenz: Das Prestige der Pflegeberufe hat sich leider immer noch nicht verbessert.

Sie unterlegte die Situation in der Pflege mit einigen Zahlen: 86% des Pflegepersonals sind Frauen und 77% der Pflegebedürftigen in Heimen sind weiblich. Wertschätzung und Entlohnung der Tätigkeit sind gering, die Versorgung von Familienangehörigen kommt häufig einem Karriereausstieg gleich. Die von Familienministerin Schröder auf den Weg gebrachte "Familienpflegezeit", in der pflegende Angehörige bis zu zwei Jahren 50% ihrer Arbeitszeit reduzieren können, um mit 75% ihres Gehaltes weiterbeschäftigt zu werden, scheint für Scharfenberg keine attraktive Alternative zu bieten, wie die ausgesprochen geringe Inanspruchnahme der Möglichkeit zeige: In 14 Großunternehmen hätten bisher nur 10 Arbeitnehmerinnen das Angebot genutzt.

Die Grünen fordern stattdessen eine Reihe von Maßnahmen, die u.a. die Akademisierung der Pflege, die Erhöhung des Männeranteils sowie etliche strukturelle Veränderungen beinhalten.

In der anschließenden Diskussion zeigte sich, wie brisant und virulent das Pflegeproblem auch innerhalb unserer Reihen ist: Wir alle sind schon jetzt oder in der Zukunft von den immensen Auswirkungen des Themas betroffen. So wurden sowohl die emotionalen als auch finanzielle und gesellschaftspolitische Aspekte eindringlich diskutiert. Entscheidend wird in Zukunft sein, dass Frauen ihre eigenen Grenzen erkennen und Hilfen einfordern. Wir danken Frau Scharfenberg für einen lebhaften Vortrag und die interessante Debatte!

Der Abend wurde von einem Kamerateam von 3Sat/ZDF gefilmt, das einen Dokumentarfilm über fünf Bundestagsabgeordnete und ihren Alltag erstellt.

Mehr zu Elisabeth Scharfenberg unter http://www.elisabeth-scharfenberg.de/